Von Waldglas, Teufelsloch und Himmelsleiter

Shownotes

Wie wurden die Wälder des größten Waldnationalparks in Deutschland zu dem was sie heute sind? Welche spannenden Geschichten, Sagen und Mythen ranken sich um sie? Und wie denken die Menschen in der Nationalparkregion über das Konzept Natur Natur sein lassen?

Um diese Kernfragen dreht sich alles, in der neusten Folge des Nationalpark Podcasts WILDNIS G’SCHICHTN. Bei der bereits 8. Ausgabe der Hörwanderserie wandern wir mit drei verschiedenen Protagonisten von der Racheldiensthütte über Teufelsloch und Himmelsleiter zum Gipfel des Lusen.

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00:00:00: Wildnis G'schichtn. Von Waldglas, Teufelsloch und Himmelsleiter.

00:00:07: Servus und willkommen zu einer neuen Folge unserer wilden Geschichten, mitten aus dem Nationalpark Bayerischer Wald.

00:00:15: Ich bin die Julia, Servus.

00:00:18: Heute machen wir eine herrliche und vor Allem, geschichtsträchtige Tour

00:00:23: Und zwar von der Racheldiensthütte bis zum wohl bekanntesten und auf jeden Fall markantesten Gipfel der Region, den Lusen.

00:00:32: Und dabei machen wir auch eine Zeitreise – Zurück in die Anfänge der Glasindustrie und Forstwirtschaft, die lange das Gesicht unserer Nationalparkwälder geprägt haben.

00:00:43: Ich garantiere euch aber auch Gänsehaut, bei so manch teuflischen Geschichten rund um den Lusen

00:00:49: und wir blicken auch auf die nicht ganz so ferne Vergangenheit des ältesten und größten Waldnationalparks Deutschlands

00:00:56: und wie er zu dem geworden ist, was er heute ist.

00:00:59: Lehnt euch bequem zurück und kommt einfach mit

00:01:03: Ah, herrlichstes Wetter

00:01:05: und heute gehen wir schon wieder so eine schöne Tour durch den Nationalpark

00:01:10: und das tue ich mit einem wirklich guten Experten auf dem Gebiet

00:01:15: dem Leiter vom Hans-Eisenmann-Haus, Christian Binder.

00:01:18: und du bist ja auch zuständig für das Waldgeschichtliche Museum

00:01:23: von dem her prädestiniert für den Job heute.

00:01:25: Ja, genau. Also wir behandeln im Waldgeschichtlichen Museum, wie der Name vielleicht impliziert

00:01:31: auch Waldgeschichte.

00:01:33: und deswegen freue ich mich, dass ich heute mit der Julia unterwegs bin

00:01:36: auf einem meiner Lieblingswege

00:01:38: Ja, um so ein bisschen über Glashüttengeschichte,

00:01:41: vielleicht auch Siedlungsgeschichte zu berichten, weil das hängt ja irgendwie doch alles zusammen.

00:01:46: und hat alles miteinander natürlich Einfluss auf die Wälder im Nationalpark genommen. Genau.

00:01:50: Wir sind heute also auf den Spuren der Glashütten unterwegs

00:01:54: und wollen zeigen wie diese die heutigen Nationalparkwälder geprägt haben.

00:01:59: Dafür sind Christian und ich an der Racheldiensthütte gestartet

00:02:03: und wandern nun zunächst den Rundweg Buntspecht hinauf Richtung Felsenkanzel:

00:02:08: Du hast vorhin ein Wort fallen lassen, Christian.

00:02:11: Aschenwälder. Was bedeutet das?

00:02:14: Also, die Glashütten, die sich bei uns angesiedelt haben, so ab dem 13., 14., 15. Jahrhundert

00:02:21: die haben ja für die Herstellung von Glas Holz gebraucht.

00:02:26: und zwar nicht nur zum Befeuern der Öfen

00:02:30: sondern auch und vor allem für die Herstellung von Pottasche

00:02:35: Pottasche braucht man, oder hat man gebraucht

00:02:38: als Flussmittel. Das heißt: Man hat Pottasche dem Glasgemenge zugeführt

00:02:43: und hat damit den Schmelzpunkt von Glas gesenkt.

00:02:47: über die damaligen Öfen hätte man sonst den Schmelzpunkt nicht erreichen können, oder nicht so einfach.

00:02:52: und das hat man so gemacht

00:02:54: man ist in die Wälder und hat totes Holz oder stehendes Holz verbrannt

00:02:59: In den Wäldern selbst? In den Wäldern selbst.

00:03:02: man hat das zusammengetragen wenn es tot war

00:03:05: man hat aber teilweise auch stehendes Holz verbrannt

00:03:08: also man hat ein Loch reingeschlagen und den Baum von innen ausgeglüht. Das gibt es auch.

00:03:13: Da man damit den Bestand des Waldes oder dieser Wälder stark verändert hat

00:03:19: nennt man die Aschenwälder

00:03:21: und zum Teil sieht man das heute noch, wenn man sich ein wenig auskennt,

00:03:24: weil man für die Herstellung der Pottasche nur bestimmte Bäume genommen hat

00:03:27: Wie sieht man das heutzutage noch in den Wäldern?

00:03:29: Ja, da muss man fast ein Spezialist sein. Man sieht es am Bestand.

00:03:33: Denn, für die Pottasche hat man vor allem verwendet Tanne und Buche.

00:03:35: weil die zum Beispiel mehr Kaliumgehalt haben wie die Fichte.

00:03:38: Man hat damals schon, muss man auch sagen, die Fichte bevorzugt

00:03:41: also stehen lassen, weil man sie nicht gebraucht hat

00:03:44: zumindest nicht für die Glasindustrie

00:03:46: und in der Phase war, ich mein für den Bayerischen Wald war das, rein von der Erschließung her

00:03:52: natürlich ein Gewinn, dass die Landesherren also Glashütten angesiedelt haben, weil vorher war der Wald

00:03:57: jetzt in Anführungszeichen, war wertlos.

00:04:00: weil du hast das Holz ja nicht transportieren können

00:04:02: das heißt, du hast es gebraucht, natürlich für dein Auskommen, sprich Hausbau und sonstige Geschichten

00:04:08: aber so wirklich wertvoll war der Wald noch nicht.

00:04:12: Das geht eigentlich erst los, mit der Ansiedelung der Glashütten

00:04:15: in der zweiten Besiedelungswelle, im Prinzip nach dem Hochmittelalter, dass sich hier so in den

00:04:20: an den Hängen von jetzigen Nationalpark Glashütten angesiedelt haben.

00:04:24: liegt daran, weil das Holz war da

00:04:26: und das Zweite: es war Quarz da. Den man auch für die Glasherstellung braucht.

00:04:31: Quarzsand ist daraus, glaub ich, hergestellt worden. Genau.

00:04:34: und man hat Kalk relativ leicht herbekommen.

00:04:37: und was ich zu vorhin noch ergänzen möchte, ist

00:04:40: neben den Aschewäldern gibt es auch Scheiterwälder. Wie?

00:04:43: Scheiter, also Holzscheiter.

00:04:46: Denn die Hütten zum Befeuern der Öfen, haben die das Holz im Umgriff von den Glashütten genommen.

00:04:52: das hat man draußen geschlagen, gleicht geschnitten, gespalten und dann zu den Glashütten transportiert.

00:04:58: um die Öfen zu befeuern.

00:04:59: Deshalb war das früher auch so, dass die Hütten im Gebiet gewandert sind,

00:05:05: also den Holzscheiten quasi nachgewandert sind, dem Holzbestand.

00:05:08: im Prinzip ja. Man sagt ja auch fliegende Hütten.

00:05:11: die praktisch immer wieder versetzt worden sind, um dann in einem bestimmten Bereich das Holz wieder nehmen zu können.

00:05:16: Das kann man sich heute gar nicht mehr so wirklich vorstellen, wie das war

00:05:21: und es blutet auch das Naturschützerherz, wenn man das so hört, wie die Menschen früher mit den Wäldern,

00:05:28: die wir heute als so wertvoll betrachten, umgegangen sind. Aber man versteht es.

00:05:33: Es war im Endeffekt im Bayerischen Wald, kaum erschlossen, was es gegeben hat, war Wald

00:05:38: und dann hat man natürlich, wie der Mensch so ist,

00:05:40: versucht möglichst viel Geld daraus zu manchen. So einfach formuliert.

00:05:45: Wobei ja diese Aschenwälder, durch die Selektiv-Entnahme, vor allem von alten Bäumen

00:05:50: ist der Wald im Bestand relativ gut erhalten geblieben

00:05:53: das war jetzt nicht irgendwie Kahlschlag

00:05:56: und selbst wenn es intensiv genutzt worden ist,

00:05:58: ist es noch weit davon entfernt gewesen, von wirklichen Kahlschlägen, so wie später bei der Forstwirtschaft.

00:06:03: Zu dem Thema kommen wir dann etwas später noch.

00:06:07: Zu sehr bin ich gerade noch fasziniert von der bereits über 700 Jahre andauernden Tradition der Glasmacher, hier im Bayerischen Wald.

00:06:14: Selbst vor den rauen klimatischen Bedingungen

00:06:17: sind die Glaskünstler dieser Zeit offensichtlich nicht zurückgeschreckt.

00:06:21: Es gab ja auch, wie soll ich sagen, an der Schulter des Lusen

00:06:25: eine Glashütte. Die ist in den 80er Jahren gegraben worden, also archäologisch gegraben.

00:06:30: und Reste von dem damals hergestellten Glas

00:06:34: sieht man heute im Waldgeschichtlichen Museum, im Eingang.

00:06:38: Ja, also am Aufzug sind ja drei so Kästen und da ist ein Kasten gefüllt mit diesem Waldglas

00:06:45: aus dieser Lusenhütte. Und dieses Waldglas kennt man, weil das Waldglas immer so einen Grünstich hat.

00:06:50: Die Materialien waren nicht so rein, wie wo anders.

00:06:54: und deshalb hat das Waldglas immer so einen Grünstich.

00:06:58: Das kennt man, wenn man historische Gläser sieht

00:07:01: dann kennt man das schon wo das herkommt. Also das grünliche ist Waldglas.

00:07:05: Während, zum Beispiel, das Glas zu gleicher Zeit aus Venedig war halt praktisch reinweiß.

00:07:09: Das war aber dann auch ein Markenzeichen für die Region? Irgendwo ja.

00:07:14: Dieses Grün. Nicht unbedingt gewollt. Nein, nicht unbedingt gewollt, aber man hat das schon gekannt.

00:07:19: Das Wald-Glas war also bereits im Spätmittelalter in ganz Europa berühmt.

00:07:24: Und trotz Globalisierung, haben einige Glashütten in der Region bis in die heutige Zeit überlebt,

00:07:32: Christian und ich haben den beschwerlichsten Anstieg seines Abschnitts jetzt bereits hinter uns.

00:07:38: Wir biegen nach wenigen Kilometern ab auf den Goldsteig in Richtung Teufelsloch und Lusen.

00:07:44: Die nächsten Kilometer geht es relativ flach und entsprechend entspannt weiter.

00:07:50: Was mir gefällt an dem Weg ist, dass es so viele Buchenwälder gibt.

00:07:52: Auch weiter hinten gibt es noch einen ganz schönen Bestand.

00:07:54: das ist ein wunderbarer Wald.

00:07:56: und gerade jetzt, wo die Buchen im Nationalpark noch nicht ganz ausgetrieben sind,

00:08:01: und noch so ein bisschen hellgrün sind. Das Licht ist herrlich, ja.

00:08:04: Ja, ohne Fichten geht es bei uns aber natürlich auch nicht.

00:08:07: Ist klar. Aber wir haben ja schon ein bisschen gehört warum das so ist bei uns

00:08:13: aber ist schon krass, was damals für ein Aufwand betrieben worden ist, damit man Glas herstellen kann.

00:08:20: würde sich heute in keinster Weise mehr rentieren. Völlig irre.

00:08:23: Alleine das Umsetzen von Glashütten, was das für eine Schinterei ist.

00:08:27: also allein den Glasofen und das Umzusetzen, das ist ein Wahnsinn.

00:08:31: das ist schon krass, auch wenn man an später denkt, an die Forstwirtschaft

00:08:35: sei es jetzt die Trift oder der Winterzug. Das ist ja ein Wahnsinn.

00:08:39: viele harte Arbeit hat die Menschen hier in der Region schon immer geprägt.

00:08:44: Aber wir dürfen ja nicht vergessen,

00:08:46: damals war Glas, zumindest noch im Mittelalter und so, es war ja ein Luxusgut, muss man ja sagen. Absolut.

00:08:53: Was für Arten von Glas wurde hier hergestellt, im Bayerischen Wald? Und wo wurde das verwendet?

00:09:00: Also die ersten Produkte, die hergestellt worden sind, waren die Batterl, also die

00:09:04: Perlen für Gebetsschnüre, also Rosenkränze.

00:09:08: und dann haben sich die ja zum Teil spezialisiert.

00:09:10: die Glashütten

00:09:12: Welche haben Hohlglas hergestellt, also Gläser und so weiter.

00:09:15: oder zum Beispiel in der Lusenhütte

00:09:17: da hat man so kleine Medizinfläschen hergestellt, wo Tinkturen drinnen waren. Wie gesagt, kann man sich mal anschauen bei uns.

00:09:22: und andere haben Tafelglas gemacht, also für Fenster oder Spiegel

00:09:27: gibt's ja Spiegelhütte. Da gibt es noch Namen.

00:09:31: und Teile vom Tafelglas ist dann wieder verwendet worden für die Herstellung von Hinterglasbildern.

00:09:36: Das ist ja auch ein ganz ein interessanter Aspekt hier in der Gegend.

00:09:40: Der Bayerische, aber auch der Böhmische Wald, im Endeffekt war ja früher alles

00:09:45: eine Gegend. Das ist damals nicht so strikt getrennt worden. Es war der Böhmerwald, und gut wars

00:09:51: diese Trennung kommt erst viel später.

00:09:53: und das war zum Teil auch eng vernetzt.

00:09:56: Die Glashütten haben das Glas gemacht, die Hinterglasmacher, vor allem bei uns in Raimundsreut

00:10:01: die haben das dann veredelt

00:10:02: gibt's das Pendant natürlich auch drüben auf der böhmischen Seite.

00:10:07: Auch die Glasmachen haben hin und her gewechselt, das Können ist mitgewandert zum Teil

00:10:12: und die Techniken sind ausgetauscht worden

00:10:14: Also die Handwerker waren hochvernetzt, das muss man echt sagen.

00:10:16: Und da können wir ja noch einen weiteren tollen Museumstipp geben: Das Hinterglaseum

00:10:21: in Schönbrunn am Lusen. Ich war schon drinnen, das ist wirklich

00:10:25: extrem spannend. Also ich kann es auch nur empfehlen, ein super Museum und

00:10:28: wenn ihr euch das aussuchen könnt, macht eine Führung bei der Frau Schneider.

00:10:33: Ich hab echt selten so eine echt gute Führung gesehen, hat echt spaß gemacht.

00:10:37: fahrt's hin!

00:10:39: Wandern und Museumsbesuche lassen sich im Übrigen auch hervorragend kombinieren.

00:10:44: Deshalb an dieser Stelle auch nochmal die Tipps für das Waldgeschichtliche Museum in Sankt Oswald

00:10:50: und das Hinterglaseum in Schönbrunn am Lusen.

00:10:54: In beiden Museen erfährt man viel Spannendes über die Geschichte der Glaskunst und Glasmacher, hier in der Nationalpark-Region.

00:11:02: Christian und ich sind inzwischen schon fast am Teufelsloch angekommen

00:11:07: und machen jetzt noch einen kurzen aber lohnenswerten Abstecher, hinunter zur Martinsklause.

00:11:13: Du hast vorhin schon so eine Geschichte erzählt, dass du dich jetzt schon auf die Martinsklause freust,

00:11:17: weil du kennst dieses Gebiet auch noch von alten Bildern

00:11:20: oder aus deinen eigenen Beobachtungen, die schon länger her sind. Ja, ich war damals kleiner - naja, klein nicht - aber

00:11:27: langhaariger Praktikant beim Nationalpark

00:11:30: und das war in der Zeit, wo das mit dem Borkenkäfer zwischen Rachel und Lusen so richtig heftig losgegangen ist

00:11:35: und ich hab in der Zeit gerne fotografiert und hab dann den Befall der Wälder um die Martinsklause fotografiert

00:11:40: und letztens sind mir diese Bilder, waren auch noch Schwarzweißbilder

00:11:43: ja in die Hände gefallen und das ist schon krass, wie das damals ausgesehen hat.

00:11:47: und wenn man es heute sieht, wie sich das in den letzten 25 Jahren verjüngt hat und

00:11:53: wie der Wald jetzt wieder dasteht. Da geht einem echt das Herz auf.

00:11:56: Jetzt sehen wir sie schon. Wunderbar. Ist das toll!

00:12:00: Die ist aber ganz schön groß, die Klause. Wahnsinn.

00:12:03: Ich hab vorhin beim runtergehen schon angedeutet für was die Klausen

00:12:06: errichtet wurden, also für

00:12:09: die Holztrift.

00:12:11: Wie kann man sich das vorstellen? Wie hat das früher funktioniert?

00:12:14: Ja, das Holz ist im Herbst eingeschlagen worden

00:12:17: Dann ist es im Winter mit dem Winterzug, also mit den Schlitten

00:12:20: zum nächsten Gewässer transportiert worden, zu den Holzlagerplätzen.

00:12:24: und im Oberlauf dieser Bäche hat man halt Klausen errichtet und dann hat man das Wasser angestaut

00:12:30: und dann, vor allem im Frühjahr, hat man die Leute zusammengeholt und hat dann das Wasser abgelassen

00:12:35: und hat mit dem Schwall Wasser das Holz Richtung Tal getriftet

00:12:40: und so hat man das Holz dann nutzen können, weil man das erste Mal die Möglichkeit gehabt hat

00:12:45: es zu transportieren.

00:12:46: Anders wär es schwierig gewesen.

00:12:48: Früher, ich hab's ja vorhin erzählt, das erste waren die Glashütten und dann hat man, ich sag's mal so, entdeckt,

00:12:52: dass, wenn man ein Stück Fichtenholz ins Wasser schmeißt, dass das schwimmt

00:12:55: und damit ist der Schritt getan, dass man das mit dem Wasser transportieren kann, also triften kann.

00:13:00: Und das ist dann auf Betreiben der Landesherren geplant und gezielt gemacht worden,

00:13:04: vor allem im ehemaligen Landkreis Wolfstein, also im ehemaligen Fürstbistum Passau

00:13:09: da sind die Kahlschläge dann durchgeführt worden dann

00:13:11: getriftet bis Passau und dann von Passau aus geflößt, das ist ein Unterschied, dann bis sogar nach Wien

00:13:17: Wien war damals prosperierende Stadt

00:13:19: hat man gebraucht zum Hausbauen

00:13:21: und da ist viel verkauft worden, viel gehandelt worden und auch viel eingeschlagen worden.

00:13:25: und da wo eingeschlagen wurde, wurde dann natürlich auch wieder aufgeforstet und natürlich

00:13:31: auch wieder überwiegend Fichte. Deswegen schauen unsere Wälder so aus.

00:13:34: oder haben so ausgeschaut, bis halt der Nationalpark kam.

00:13:38: Genau und man Natur Natur sein lies.

00:13:40: Wie das aussieht, früher das war fast nur Fichte so rum und jetzt ganz bunt, mit diesen jungen

00:13:46: Buchenblättern. Das ist herrlich.

00:13:48: Kann es nur empfehlen: Macht die Wanderung!

00:13:50: und macht den Abstecher runter zur Martinsklause.

00:13:53: Es rentiert sich wirklich, ist zwar ein steiles rauf und runter, aber es rentiert sich auf jeden Fall.

00:13:55: Außerdem ist das ein wunderbarer Platz zum Brotzeit machen! Ganz wichtig! Wollt ich grade sagen.

00:14:00: Und so genießen Christian und ich bei heute strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen

00:14:06: unsere Brotzeit und den herrlichen Ausblick auf die Martinsklause…

00:14:11: Die Geschichte der heutigen Nationalpark-Region ist wirklich spannend.

00:14:16: Schon immer haben die Wälder eine gewisse Faszination auf die Menschen ausgeübt.

00:14:21: Entsprechend ranken sich auch viele spannende Sagen und Mythen um den Bayerischen Wald

00:14:27: und speziell um das Gebiet rund um den Lusen.

00:14:30: Genau deshalb hab ich mir für den nächsten Abschnitt der Tour einen der Experten auf dem Gebiet eingeladen:

00:14:37: Karl-Heinz Reimeier.

00:14:40: Er ist Kreisheimatpfleger im Landkreis Freyung-Grafenau und wandert mit mir nun vom Teufelsloch hinauf bis zur Glasarche.

00:14:49: Klingt ganz schrecklich, ist aber eigentlich wunderschön, da herhinten.

00:14:53: Ja, das ist wunderschön, weil das ist unberührte Natur

00:14:56: Das ist deswegen unberührt, weil das hat ein wenig so einen mystischen Flair um sich rum

00:15:02: dass sich keiner was tun hat getraut und dann ist die Schlucht auch so groß, dass

00:15:05: es sich gar nicht rentiert hat, dass man da irgendwann mal angefangen hätte, das aufzufüllen und so weiter

00:15:11: das was da dem Teufel da passiert ist

00:15:13: der praktisch die Schuld hat, dass es die Schlucht überhaupt gibt, deswegen heißt es ja auch Teufelsloch.

00:15:17: Wenn man es sich anschaut, dann kann man es sich schon vorstellen warum das so heißt,

00:15:20: das ist wirklich eine zerklüftete

00:15:24: mit Blockhalden überlagerte Schlucht

00:15:26: Ja, ein richtiges Teufelsloch. Aber du kennst bestimmt die ganzen Geschichten dahinter, wo her das kommt

00:15:31: Die Leute können sich überhaupt nicht vorstellen wie so etwas entsteht,

00:15:34: grad wie das auf dem Lusen ist mit den vielen Steinblöcken und so weiter

00:15:38: und jetzt machen sie sich selbst ihre Gedanken

00:15:41: weil der Mensch mag sich ja erklären können warum so etwas ist

00:15:45: und drum gibt es auch zweierlei Arten von Sagen, die Erklärsagen

00:15:48: und die Erlebnissagen

00:15:50: Und Erklärsagen, das sind die Sagen, die versuchen solche Naturphänomene zu erklären

00:15:56: Und mit dem Teufelsloch ist das so gewesen, dass der Teufel der da wie gesagt zu Hause ist am Lusen

00:16:02: das ist einer, der Schätze gerne mag

00:16:05: Gold, Silber, Edelsteine, das Zeug unglaublich gerne.

00:16:08: Und warum mag er das gerne? Weil der damit Menschen kaufen kann.

00:16:11: Und da ist er unterwegs und sammelt und sammelt und sammelt. Und jetzt hat er schon so viel Zeug beieinander gehabt,

00:16:16: dass er nicht mehr gewusst hat, wo er das hintun soll

00:16:19: und er fährt durch die Lüfte mit seinen ganzen Edelsteinen und Sachen und

00:16:23: kommt dann in das Gebiet vom Lusen und sieht plötzlich: ah!

00:16:26: da kommt kein Mensch her, da ist das beste Versteck für meine Schätze

00:16:31: und er holt das, tut seine Schätze hin und dann holt er einen Felsbrocken nach dem anderen, tut die Felsbrocken schön drauf legen

00:16:38: hat aber noch keinen Gipfel droben

00:16:40: und er macht sich nochmal auf den Weg und bringt einen Felsbrocken, einen riesen Steinbrocken, größer als ein Haus

00:16:47: und er möchte in oben drauf setzten, auf seine Schätze. Jetzt kommt er ihm aus.

00:16:52: und der fällt drauf auf die Schätze und zerspringt in tausend Trümmer und so weiter. Alles ist runtergefallen

00:16:59: und er fällt hinterher. Das war sein Pech

00:17:01: Er ist hinterher gefallen und dann sind ihm die Steine auf den Zehen gefallen

00:17:06: da muss man sich mal vorstellen. Tut ganz schön weh, ja.

00:17:08: und die scharfen Kanten, wie die so auseinander gebrochen sind.

00:17:11: Jetzt ist der mit einem Wutschrei und Zorn

00:17:15: runtergefahren. Über den Lusen runter und da rein, das was wir jetzt Teufelsloch nennen.

00:17:20: Und da drunten war seine Großmutter

00:17:23: und die hat ihn dann verarztet, aber hat es angeblich nicht so sauber hinbekommen weil er bis heute immer noch

00:17:29: in bestimmten Zeit oder Nächten jammert.

00:17:34: Wenn man ganz genau hinhört, Karl-Heinz, hört man ja so ein permanentes grummeln da herunten

00:17:41: Das hat ja tatsächlich keinen teuflischen Hintergrund sondern einen wahren

00:17:46: Da ist ein Bach darunter und das ist ja das, was das Geräusch ausmacht, dass es da immer so ein wenig unheimlich klingt,

00:17:55: von unter herauf.

00:17:56: Aber schön, dass du heute mit mir gehst.

00:17:58: Ich freu mich schon auf ganz viele schöne Geschichten

00:18:00: und ich würd sagen, jetzt machen wir ein paar Meter und steigen mal rauf, über das Teufelsloch.

00:18:07: Nur wenige Kilometer sind es, die der Kreisheimatpfleger und ich nun vor uns haben.

00:18:12: Durch schattige Nationalparkwälder geht es zunächst teils steiler bergauf.

00:18:17: Das schaut ja auch super aus.

00:18:18: Von da heroben sieht man jetzt auch die Blocküberlagerungen auch nochmal ganz toll

00:18:23: Des schaut schon gut aus.

00:18:25: und da sieht man wie steil es da hinunter geht und wie der Teufel da hinein gefahren sein muss

00:18:29: Ist ihm nichts anderes übrig geblieben, als, dass er sich weh getan hat da, bei dem Sturz.

00:18:34: Dass er das überlebt hat! (lacht) Bis heute.

00:18:40: Jetzt hast du vorhin schon kurz angeschnitten gehabt, die Leute die früher eigentlich ungern in die Wälder gegangen sind

00:18:46: und wenn dann nur zum jagen, zum holzhauen, eben aus beruflichen Gründen

00:18:51: und dann haben sie aus diesen mystischen, dunklen Wäldern

00:18:56: ganz scheußliche Geschichten oft mit nach Hause genommen. Was haben die da im Wald erlebt?

00:19:00: Ich denke jetzt zum Beispiel an den Schriftsteller Siegfried von Vegesack

00:19:04: der in Weißenstein im Turm gewohnt hat.

00:19:07: Der hat oft den Reinhold Köppl besucht.

00:19:09: Und der hat in Waldhäuser gewohnt. Und der ist da zu Fuß von Regen praktisch da her gegangen

00:19:14: und der hat das aufgeschrieben, wenn er da durch den Wald gegangen ist,

00:19:17: was er plötzlich für ein Gefühl bekommen hat, er hat immer gemeint, es beobachtet ihn wer, es verfolgt ihn wer.

00:19:21: da ist irgendwas, was mit Geistern zu tun hat, was unerklärlich ist

00:19:25: und das war super, wenn man das liest bekommt man selber schon das Gefühl

00:19:29: und wenn man da selber ein wenig empfänglich ist und geht man selber durch

00:19:33: hat man das Gefühl genauso.

00:19:35: Das machen die Geschichten

00:19:37: Die haben sich gefestigt im Kopf drinnen

00:19:39: Die Wissenschaft weiß schon lange warum der Lusen so zerklüftet ist, warum das so ist

00:19:44: Und die Leute sagen: Nein.

00:19:46: Das war so wie meine Oma erzählt hat und so weiter

00:19:50: und das ist eben das, wie es der Teufel gemacht hat, wie der Teufel den Lusen entstehen hat lassen

00:19:56: und da gibt es ja verschiedene.

00:19:58: Die bekannteste Geschichte ist ja die, wie der Teufel einen Weg in die Hölle pflastern wollte,

00:20:05: dass man schön gehen kann, weil der Weg in den Himmel hinauf ist ja schwierig

00:20:08: und er wollte ja, dass man in die Hölle ganz leicht hinab kommt

00:20:12: und jetzt hat er gepflastert, hat Steine hergeräumt und sauber gemacht und ganz breit, dass man ja nicht stolpert

00:20:18: und hat einen ganzen Schubkarren voll gehabt und fährt da mit dem Schubkarren her in die Gegend

00:20:23: während er da herkommt, ist da unten eine kleine Hütte gewesen

00:20:27: und aus der Hütte kommt so ein Mann heraus.

00:20:30: Der Mann war ein Eremit, war ein ganz ein Frommer, also ein Einsiedler

00:20:33: und sieht das und reckt dem Teufel sein Kreuz entgegen. Whoosh war es zu Ende.

00:20:38: Wie angenagelt hat er stehen bleiben müssen

00:20:40: Jetzt wenn du so einen schweren Schubkarren in der Hand hast, wie der Teufel, musst dir das mal vorstellen

00:20:45: Diese Dimensionen, ja.

00:20:46: Ja, bist nicht mehr unterwegs sondern stehst, dann kriegt er das Übergewicht auf einer Seite und fällt ihm

00:20:52: der Schubkarren um und haben wir alles da am Lusen da gehabt.

00:20:57: Das ist die Geschichte die am meisten erzählt wird, die auch in Schulbüchern und überall drin ist.

00:21:02: Und eine andere ist, dass sich der Teufel mit den Passauern zerstritten hat

00:21:06: Weil, es ist ja ein Fürstbistum da drin und so weiter

00:21:10: Bischöfe, da ist alles ein wenig sakraler als wie anderswo

00:21:15: da hat er sich mit denen da drinnen zerstritten und hat gesagt: Denen werde ich helfen!

00:21:19: Und hat da im ganzen Gebiet, im Umkreis von Kilometern die Steine gesammelt, auf den Schubkarren rauf

00:21:25: und wollte es nach Passau in die Donau bringen. Hineinschütten, damit es eine Überschwemmung gibt und Passau weg ist.

00:21:31: Und als er an die Stelle gekommen ist, wo jetzt der Lusen ist, fällt ihm der Schubkarren um

00:21:35: Jetzt haben wir den Lusen und Passau steht immer noch. (lacht)

00:21:38: Das sind so Geschichten, die sind gar nicht so bekannt

00:21:41: Das meiste kennt man halt mit dem Schatz oder mit dem Mönch.

00:21:45: Was ist denn eigentlich eine Theorie dahinter, dass sich so viele Mythen und Sagen um den Lusen erhalten haben,

00:21:52: dass so viele unterschiedliche Geschichten existieren, bis Heute

00:21:57: Jedes Dorf hat einen gehabt,

00:21:59: meistens war es so ein Dorfältester. Im Winter, wenn die beieinander gesessen sind in irgendeiner Bauernstube

00:22:04: dann hat einer Geschichten erzählt.

00:22:07: Und der hat in dem Dorf die Geschichten anders erzählt, als im anderen Dorf.

00:22:11: Es ist ja in der Natur des Menschen, wenn sich jemand Gedanken über etwas macht, warum ist das so

00:22:17: dann denkt ja nicht jeder gleich.

00:22:18: der sagt, Mensch, das könnte so passiert sein, oder so passiert sein

00:22:21: Dass der Teufel dabei war, da am Lusen, das ist bei jedem gleich

00:22:26: Vielleicht hat es ja auch damit zu tun, dass viel mündlich überliefert worden ist und dann verändert sich so eine Geschichte auch von Generation zu Generation

00:22:34: Das ist ja das Typische bei der Sage, dass sich die im Laufe der Zeit des Erzählens verändert

00:22:40: weil es wird etwas vergessen, was weggelassen, es wird was Neues hinzugefügt und dann

00:22:46: ändert sich eine von Anfang bis zum Ende über die Jahrhunderte total.

00:22:51: und drum ist das erforschen ja auch so gut. Und vor allem die Hintergründe finden, warum

00:22:57: kommen die Leute drauf, dass sie sich da Gedanken machen und jetzt beim Lusen ist das

00:23:01: leicht, weil wie wir gesagt haben: eine solche Felskuppel findest halt nicht mehr

00:23:05: und dann werden die Leute schon nachdenklich.

00:23:08: Und spekuliert haben die Menschen, wenn sie sich vor allem im Winter in den Bauernstuben zu Handarbeits- und Handwerksarbeiten versammelten offenbar viel.

00:23:18: Karl-Heinz Reimeier sammelt diese Sagen und Mythen schon seit vielen Jahrzehnten

00:23:22: und bewahrt diese Geschichten somit vor dem Vergessen.

00:23:26: Der Kreisheimatpfleger und ich haben unser nächstes Etappenziel, die Glasarche, schon fast erreicht.

00:23:32: Jetzt sehen wir sie schon. Wie sie da liegt.

00:23:35: Eingebettet

00:23:37: Mittlerweile ja auf einem, genau.

00:23:39: Den Unterbau haben sie jetzt vor ein, zwei Jahren erneuern müssen, weil

00:23:43: die Holzhand auf der sie ja gelegen ist, war ja morsch und die Ameisen haben schon hineingebrütet gehabt.

00:23:50: Das war so schön, weil das war

00:23:52: Das ist ja eine bayerische Geschichte, die Glasarche

00:23:54: und die Holzhand ist eine tschechische

00:23:56: und das Vereinen von zwei Sachen, grenzübergreifend, das war super damals.

00:24:01: und das hat echt so eine Bewegung entstehen lassen

00:24:04: dass ganz viele Begegnungen entstanden sind, musikalisch, literarisch, kulturell überhaupt.

00:24:10: Grenzübergreifend, das war wunderschön.

00:24:12: Eines liegt ja jetzt quasi noch vor mir,

00:24:15: Mit dem Stefan Breit geh ich jetzt das letzte Stück dann noch rauf

00:24:18: über die sogenannte Himmelsleiter

00:24:22: rauf zum Lusen Gipfel, zum sagenumwobenen.

00:24:26: und da gibt es ja tatsächlich auch eine Gesichte, zur Entstehung, dieser Himmelsleiter.

00:24:31: Laut der Sage die es da gibt, ist das auch von

00:24:34: einem einzigen Menschen gemacht und das muss man sich mal vorstellen

00:24:38: Ausnahmsweise nicht vom Teufel. Nein des war nicht vom Teufel. Das war ein Knecht

00:24:43: Ein Knecht, der bei einem Bauern in Waldhäuser

00:24:46: Das war ein recht arbeitsamer, also fleißiger Mann und die Leute haben ihn auch ganz gerne gemocht

00:24:51: Aber, wenn er am Wochenende runter gegangen ist nach Sankt Oswald, ins Wirtshaus gegangen ist

00:24:56: dann ist das ein wenig schwieriger geworden, weil wenn der ein Bier getrunken hat

00:25:01: und eine Maß oder zwei Maßen mehr getrunken hat als er eigentlich soll

00:25:05: dann ist der rauflustig geworden

00:25:08: und dann ist es wirklich einmal so sehr zum Streiten geworden,

00:25:12: dass er mit einem Holzhauer so gerauft hat, dass der irgendwie unglücklich gestürzt und dabei gestorben ist

00:25:18: Jetzt ist das dann natürlich vor Gericht gegangen aber er ist freigesprochen worden,

00:25:21: weil man nicht gewusst hat, von wem ist es ausgegangen und wie ist es genau abgelaufen

00:25:25: aber sein Gewissen, das kann man sich ja vorstellen

00:25:28: und dann ist er runter gegangen nach Sankt Oswald zu den Mönchen und hat denen sein Leid geklagt

00:25:33: da haben die gesagt, du musst dir irgendwas überlegen. Eine gute Tat, die dir darüber weg hilft

00:25:38: und beim Heimgehen hat er dann so nachgedacht und hat gesagt: Mensch, da geht es so steil rauf

00:25:43: Das ist, wenn man da den Lusen rauf geht, fast wie wenn man in den Himmel rauf ginge

00:25:46: wenn man dann oben ist, wenn man dann so erlöst ist.

00:25:48: ich bau da eine Treppe rauf, damit sich die Leute leichter tun.

00:25:52: von da an hat er tatsächlich

00:25:55: jede freie Minute, jede freie Stunde die er gehabt hat

00:25:58: nichts anderes getan als Steine weggeräumt, Steine hingeräumt

00:26:01: tatsächlich bis rauf eine so eine Art

00:26:05: Stiege, Treppe, Leiter geworden ist

00:26:08: wo man halt leichter den Gipfel hoch kommt

00:26:11: und als er dann fertig war ist er ziemlich alt gewesen aber

00:26:15: er war erleichtert und zufrieden

00:26:19: und hat dann eigentlich auch zufrieden sterben können

00:26:22: Kannst du das beurteilen? Ist das tatsächlich so passiert?

00:26:25: Nein, bestimmt nicht. Das ist genau so eine Erklärsage

00:26:29: weil man nicht weiß... Man weiß es nicht wie sie dort hingekommen ist, die Leiter.

00:26:33: Irgendjemand muss sie aber gemacht haben, weil von selbst passiert so etwas nicht.

00:26:36: Von selbst hat sich die Himmelsleiter sicherlich nicht errichtet…

00:26:40: Wer sie aber tatsächlich gebaut hat, bleibt ein kleines Rätsel der Geschichte.

00:26:45: Übrigens, wer gerne noch mehr spannende Geschichten von Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Reimeier hören bzw. lesen möchte.

00:26:53: Von ihm gibt es inzwischen sogar mehrere Bücher über Sagen, Mythen und andere gruselige Geschichten aus dem Bayerischen Wald.

00:27:02: Wir kommen jetzt langsam zum großen Finale unserer heutigen Tour

00:27:07: von der Racheldiensthütte hinauf zum Gipfel des 1.373 Meter hohen, sagenumwobenen Lusen.

00:27:15: Mein nächster Begleiter hat auch viele spannende und vor allem persönliche Geschichten zu erzählen.

00:27:21: Waldführer Stefan Breit. Mit ihm geht ich nun auf den letzten Kilometern von der Glasarche über die Himmelsleiter hinauf zum Gipfel.

00:27:29: Ist ja eigentlich dein Hausberg

00:27:31: du hast schon gesagt, du kennst ihn wie deine Westentasche und das schon sehr, sehr lange.

00:27:35: Ja, über 50 Jahre geh ich schon rauf

00:27:38: war schon als kleines Kind droben

00:27:40: Mein Vater war bei der Bergwacht und wenn er am Wochenende Dienst gehabt hat,

00:27:44: hat er mich oft mitgenommen

00:27:46: das war für mich natürlich ein super Abenteuer

00:27:50: und mich hat eigentlich schon immer die Natur in ihren Bann gezogen

00:27:54: bin immer schon gerne mit raus gegangen in den Wald

00:27:57: Mein Vater ist zwar dann relativ früh gestorben, da war ich 14 Jahre alt

00:28:02: aber ich habe dann durch die Musik, mein Hobby so eine Art väterlichen Freund kennen gelernt

00:28:09: der auch so ein richtiger, ja, Waldgeher ist

00:28:13: und der hat mir eigentlich da heroben dann

00:28:15: erst einmal alles gezeigt und damals war es auch noch möglich

00:28:19: dass man überall kreuz und quer gehen dürfen hat

00:28:22: weil es da noch keine Wegegebote und nichts gegeben hat, und da bin ich natürlich dann

00:28:26: das ganze Lusen-Gebiet, Rachel-Gebiet, bis nach Finsterau alles abgekommen.

00:28:32: Entsprechend viel weiß Stefan Breit auch rund um das Lusengebiet zu erzählen.

00:28:37: Am bekanntesten ist er aber für seine ganz persönliche Beziehung zum Nationalpark.

00:28:43: Von einem lautstarken Gegner hat er sich im Laufe der Jahre zu einem großen Unterstützer der Idee gewandelt.

00:28:49: Ja, weil ich halt auch ein freiheitsliebender Mensch bin

00:28:53: Ich bin auch ein Demokrat und ein Demokrat hat auch das Recht, dass er seine Meinung kund tut

00:28:58: und wenn mir natürlich etwas gegen den Strich geht

00:29:02: dann hab ich natürlich auch meinen Mund aufgemacht und mir ist das damals vom Nationalpark

00:29:08: eine Spur zu radikal gewesen.

00:29:11: wie das dann natürlich mit dem Borkenkäfer gewesen ist

00:29:15: das hat dann noch Benzin aufs Feuer gegossen.

00:29:20: und dann waren wir natürlich total aus dem Häuschen.

00:29:23: wenn man hier aufgewachsen ist und hab ja das Glück, dass ich den alten Wald gekannt habe,

00:29:28: dass ich den kaputten Wald gesehen habe

00:29:30: und jetzt stehen wir ja grade mitten im neuen Wald

00:29:34: auch mal wieder im Schatten, was wir jahrelang nicht gekannt haben (lacht)

00:29:37: und das trifft einen dann schon und da wird man natürlich dann irgendwann grantig und zornig und ich habe das schon oft erzählt

00:29:45: damals als der Zusammenbruch gekommen ist von dem Wald, bin ich auf dem Lusen droben gesessen

00:29:50: und da war ich fix und fertig.

00:29:53: Weil das Bild das ich da gesehen habe oben, das war meine ganze Heimat, die ich kennen gelernt habe, die ich lieben gelernt habe, ist tot

00:30:01: zerstört. und der Nationalpark

00:30:04: ist der Schuldige. War der vermeintlich Schuldige, ja.

00:30:07: Also ich kenne die Bilder tatsächlich auch noch wie der Lusen

00:30:11: so früher ausgesehen hat, Anfang der 90er Jahre.

00:30:14: Heute ist es natürlich ein ganz anderes Bild

00:30:17: Aber das hat damals wirklich mit einem was gemacht, wenn man diese

00:30:20: wirklich hektarweise vermeintlich toten Wald gesehen hat

00:30:24: aber was hat dich damals dann zum Umdenken gebracht?

00:30:29: wie ist das bei dir von Statten gegangen, dass du heute eine ganz andere Meinung darüber hast?

00:30:33: Ich bin ja nach wie vor in meinen Wald gegangen, auch wenn er kaputt war

00:30:40: aber ich habe das ja jetzt über die ganzen 30 Jahre beobachten können

00:30:45: wie sich das entwickelt

00:30:48: und vor allem

00:30:50: der Hauptpunkt war für mich: Ich bin dann mal ins Erweiterungsgebiet

00:30:54: hab dann einmal die Tour gemacht von der Hirschbachschwelle zum Poletnik

00:30:59: und da ist ja der Käfer mit dem Harvester massivst raus geholt worden

00:31:06: und da hab ich eigentlich nur noch eine Wüste gesehen.

00:31:09: und da sieht man von 15 Kilometern Entfernung noch die Rückegassen

00:31:15: und das ist schon erschreckend gewesen. Was halt da für mich bedeutend war ist das gewesen,

00:31:20: wir haben damals ja massivst verlangt, dass der Borkenkäfer bekämpft werden muss

00:31:25: das haben sie hier nicht gemacht.

00:31:27: und im Erweiterungsgebiet haben sie eigentlich das gemacht, was wir damals gefordert haben

00:31:32: und dann hab ich die beiden Ergebnisse gesehen

00:31:35: Lusen: Wo der Mensch nicht eingegriffen hat

00:31:39: Und Hirschbachschwelle: Wo der Mensch massiv eingegriffen hat

00:31:43: Und das war für mich dann das einschneidende Erlebnis, wo ich zu mir selbst gesagt habe:

00:31:48: Die Natur kann es besser! (lacht)

00:31:51: Das ist aber auch ein Prozess. Auch wie die Natur einen Prozess hat

00:31:55: oder die Prozesse die jetzt wieder stattfinden dürfen in der Natur

00:32:00: so ist das bei mir auch, oder bei anderen auch ein Prozess gewesen

00:32:03: Wenn man sich jetzt umsieht, hättest du dir damals vorstellen können, dass es

00:32:07: jemals wieder so wird? Nein. Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass ich hier irgendwann wieder im Schatten stehe. Also. (lacht)

00:32:14: Nein, das ist echt so und es steht ja fälschlicherweise in der Bibel drinnen: Mach dir die Erde untertan.

00:32:20: Gerade in den heutigen Zeiten wo die Themen sind, wie Klimawandel und Umweltverschmutzung und

00:32:27: Meerverschmutzung durch Plastik und

00:32:30: alles mögliche. Man sieht es ja,

00:32:33: dass das eigentlich das Gegenteil bewirkt hat.

00:32:36: Dass der Mensch sich die Erde schon untertan gemacht hat, aber er hat sie auch

00:32:41: dem Untergang preis gegeben. Wenn man so schaut, wenn es so weitergeht

00:32:46: für nachkommende Generationen ist mir da nicht ganz wohl dabei.

00:32:50: Dort wo vor rund 30 Jahren der Borkenkäfer große Flächen an Fichtenmonokultur befallen hatte,

00:32:56: ist inzwischen und sogar schneller als es die meisten Experten damals vermutet haben,

00:33:01: ein junger und deutlich strukturreicherer wilder Wald entstanden…

00:33:06: Die Waldverjüngung im Lusen-Gebiet ist auch schon von der Himmelsleiter aus gut zu sehen.

00:33:11: So Stefen, jetzt sind wir grad noch am Einstieg zum herausforderndsten

00:33:16: Stück unseres Abschnitts. Jetzt noch tief Luft holen. (lacht)

00:33:21: Die sogenannte Himmelsleiter. Hast du noch irgendeinen Tipp für uns?

00:33:24: Ja.

00:33:25: Öfter mal stehen bleiben und umdrehen, weil man vor lauter rauf schauen vergisst, dass man sich umdreht und schaut wie schön es ist

00:33:31: da hast du recht. Auf geht's!

00:33:34: Der Aufstieg über die Himmelsleiter hat es nochmal in sich.

00:33:37: Über hohe Fels-Stufen kraxeln wir die letzten Meter hinauf zum einzigartigen Lusen-Gipfel,

00:33:43: mit seinen unzähligen großen Blöcken aus Granit und Kneiss,

00:33:48: Das Eiszeit-Überbleibsel faszinier die Menschen bis heute.

00:33:52: Die realen Geschichten sind, dass das von der Eiszeit her kommt und von der Verwitterung

00:33:58: und dass da über die Jahrtausende und Jahrmillionen

00:34:02: Wasser da rein gekommen ist und durch den Frost und durch den Schneedruck

00:34:06: Da war auch heroben auf dem Lusen Gletschergebiet

00:34:10: Und im Bayerischen Wald waren zum Teil Gletscher da

00:34:14: mit einer hundert Meter dicken Eisschicht

00:34:17: was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Die Reste haben wir noch zum Teil da

00:34:20: die noch sichtbar sind. Der Rachselsee.

00:34:23: Oder wir haben ja 8 Seen da im bayerisch-tschechischen Gebiet

00:34:28: Also drei auf bayerischem Gebiet mit kleiner und großer Arber,

00:34:31: dann der Rachelsee. Dann drüben Teufelssee

00:34:35: Schwarzensee, Stubenbachersee, Lackersee und Plöckensteinsee.

00:34:40: Alles Eiszeitrelikte? Alles.

00:34:42: Herzlichen Dank dir auf jeden Fall

00:34:44: Mich freut es total, dass du heute mit mir gegangen bist. Gerne, gerne.

00:34:47: Mal eine ganz andere Sicht auf die Nationalparkgeschichte auch, eine sehr persönliche

00:34:51: von dir und deiner eigenen Beziehung zum Wald und zum Nationalpark.

00:34:56: Schön, dass du sie uns noch einmal erzählt hast und schön, dass du heute mit mir gegangen bist.

00:35:00: Ja, hat mir auch viel Spaß gemacht

00:35:03: und jetzt macht es mir dann Spaß, wenn wir eine gute Brotzeit bekommen (lacht)

00:35:08: nicht, dass wir noch hinten mager und vorne dürr werden.

00:35:11: Das wär nichts. Nein. Lassen wir es uns noch gut gehen.

00:35:14: Das auf alle Fälle. Die paar Meter zum Lusenschutzhaus noch runter, die packen wir jetzt auch noch.

00:35:20: Die Brotzeit im Lusenschutzhaus haben wir uns wirklich verdient,

00:35:24: nach dieser anstrengenden aber absolut faszinierenden Tour von der Racheldiensthütte zum Lusen.

00:35:31: Und wer jetzt noch mehr Lust auf das Wandern im Nationalpark bekommen hat,

00:35:36: der klickt sich einfach mal auf unsere Homepage.

00:35:39: Dort findet ihr das ganze Jahr über tolle Führungsangebote, mit Waldführern, wie Stefan Breit

00:35:44: und weitere tolle Tourentipps.

00:35:48: Ich sag für dieses Mal Servus und freu mich schon auf meine nächste spannende Entdecker-Tour,

00:35:53: durch den Nationalpark Bayerischer Wald.

00:35:56: Alle Folgen der WILDNIS G'SCHICHTN gibt es auch bei Spotify

00:36:01: und auf der Homepage des Nationalparks Bayersicher Wald.

00:36:05: www.nationalpark-bayerischer-wald.de

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