Von alten Grenzen und neuen Chancen
Shownotes
Wo einst der Eiserne Vorhang die Regionen trennte, ergeben sich Jahrzehnte später große Chancen, für Mensch und Natur. Begleitet Podcasterin Julia Reihofer auf einer grenzüberschreitenden Wanderung vom Siebensteinkopf in den angrenzenden Šumava Nationalpark. Zusammen mit Pavel Becka, beim Nationalpark zuständig für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, geht es über die Moldauquelle nach Bucina. Auf dem zweiten Abschnitt dieser besonderen Tour wird dann noch der neuste Teil des Nationalparks Bayerischer Wald erkundet, das Erweiterungsgebiet Finsterau. Mit Nationalparkleiterin Ursula Schuster geht es durch das Finsterauer Filz zum Wistlberg.
Transkript anzeigen
00:00:00: WILDNIS G’SCHICHTN
00:00:02: Von alten Grenzen und neuen Chancen
00:00:05: Es ist Winter geworden, im Bayerischen Wald und so geht es heute durch einen verschneiten
00:00:15: wilden Wald.
00:00:16: Genau wandern wir heute vom östlichsten Gipfel des Nationalparks über die Grenze nach Tschechien
00:00:22: in den Sumava und von dort zurück in den bislang jüngsten Teil des Nationalparks Bayerischer
00:00:28: Wald, dort bin ich mit unserer neuen Nationalparkleiterin Ursula Schuster unterwegs, nur so als kleiner
00:00:34: Vorgeschmack.
00:00:35: Aber los geht es jetzt erst einmal am verschneiten Gipfelkreuz des Siebensteinkopfes.
00:00:41: Wir gehen grenzüberschreitend und da gibt’s bei uns beim Nationalpark tatsächlich einen
00:00:47: Mann, der ist genau für das da, für das Thema grenzüberschreitende, grenzübergreifende
00:00:52: Zusammenarbeit, Pavel Becka.
00:00:54: Guten Morgen.
00:00:55: Guten Morgen.
00:00:56: Du hast auch schon die dicke Wollmütze aufgezogen.
00:01:00: Du kennst das, du kommst aus dem Böhmischen.
00:01:03: Ich war heute ein bisschen überrascht.
00:01:05: Bei mir zu Hause schien die Sonne und dann fährt man nach Finsterau und dann ist hier
00:01:09: tiefster Winter.
00:01:10: Für dich nichts Ungewöhnliches.
00:01:11: Für mich nichts Ungewöhnliches.
00:01:12: Das passiert oft, dass das auf der einen Seite das Wetter total anders ist als auf der anderen.
00:01:17: Das gehört aber glaub ich auch ein wenig mehr zum tschechischen Teil des Böhmerwaldes,
00:01:22: was wir die Sumava nennen.
00:01:23: Was heißt das übersetzt nochmal wörtlich?
00:01:25: Also es gibt keine Übersetzung aber es gibt zwei mögliche Ursprünge dieses Wortes.
00:01:32: Also einmal von dem Wort „Suma“ also das ist slawisch.
00:01:36: In einigen Sprachen bedeutet das Wald.
00:01:39: Auf der tschechischen Seite sagen wir aber von dem Wort „sumet“, was heißt „rauschen“,
00:01:44: also der Wald rauscht, das Wasser rauscht.
00:01:47: Und jetzt gehen wir wo eigentlich genau hin, Pavel?
00:01:51: Also geplant ist, dass wir zur Moldauquelle kommen werden, also zu dem Ursprung des Flusses
00:01:55: der Tschechen und Tschechinnen.
00:01:57: Ich hoffe, dass wir auch etwas sehen werden, nicht nur den Nebel.
00:02:00: Genau und dann machen wir noch einen Abstecher nach Bucina rüber, nach Buchwald und ja,
00:02:07: ich würde sagen, bevor wir hier festfrieren, dann manchen wir uns mal langsam auf den Weg
00:02:13: runter vom 1.263 Meter hohen Siebensteinkopf, erst einmal Richtung Grenze.
00:02:16: Ja, das Klima, hier im Böhmerwald kann im Winter schon ziemlich rau sein, das spüren
00:02:24: Pavel und ich heute am eigenen Leib.
00:02:27: Minusgrade, Neuschnee und der manchmal beißende Ostwind sind auf keinen Fall zu unterschätzen.
00:02:34: Deshalb zu Beginn gleich nochmal der Hinweis: Grödel oder auch Schneeschuhe sind bei winterlichen
00:02:40: Nationalpark-Touren oft ratsam, neben entsprechender Winterkleidung und ausreichend Verpflegung,
00:02:47: ist ja klar.
00:02:48: Damit kann es nun auch weitergehen, mit unserer heutigen Tour und die wenigen Höhenmeter
00:02:53: hinunter vom Gipfel haben Pavel und ich auch schnell hinter uns gebracht.
00:02:57: Das jetzt hinter uns sind genau die Grenzsteine und wir werden aber nach ein paar hundert
00:03:03: Meter links von der Grenze abbiegen rein.
00:03:06: Aber hier sind wir genau auf dem Grenzsteig.
00:03:08: Und was sofort hier auffällt, auf diesem Schilderpfosten, im Sumava drüben gibt es
00:03:14: gleich mal eine ganz andere Beschilderung als im Nationalpark.
00:03:17: Genau, die Beschilderung gibt es nicht nur in der Sumava sondern in ganz Tschechien und
00:03:22: auch in der Slowakei und in auch ein paar anderen Staaten der Welt.
00:03:27: Das wird vom Club der Tschechischen Touristen gemacht, und ist eine Markierung die die Tschechen
00:03:33: von klein auf kennen und das wird gelb, rot, blau und grün markiert und wenn man die Karte
00:03:42: hat dann weiß man, ok, ich muss erst grün laufen oder wir werden jetzt hier blau laufen
00:03:48: und dann wird blau nach links gehen und rot nach rechts, da muss man dann gucken, dass
00:03:53: man rechtzeitig abbiegt aber es ist wirklich sehr übersichtlich würde ich sagen.
00:03:58: Man muss es halt erst einmal kennenlernen aber zusammen mit der App, die kostenlos ist
00:04:04: wo man sich auch die Offlinekarten herunterladen kann, das würde ich auch jedem Deutschen
00:04:10: empfehlen der nach Tschechien fährt.
00:04:11: Also die App heißt „Mapy.cz“, wenn ich hier ein bisschen Werbung machen darf.
00:04:14: Wollte ich gerade sagen, die ist auch bei uns gar nicht so unbekannt.
00:04:17: Aber bevor wir jetzt wirklich rüber gehen ins Tschechische vielleicht noch grundsätzlich
00:04:22: die wichtigsten Wörter, wenn man unterwegs Wanderer trifft aus Tschechien, also ich sag
00:04:28: meistens: Ahoi!
00:04:30: Genau, Ahoi sagt man aber obwohl wir in Tschechien kein Meer haben ist das ein Gruß sowie „Hallo“
00:04:38: oder „Tschüss“, in Bayern „Servus“. (lachen) Genau, in Bayern sagen wir „Servus“
00:04:44: und wenn wir grenzüberschreitend unterwegs sind, „Ahoi“.
00:04:47: Die nächsten Minuten folgen Pavel und ich einem schmalen Pfad der uns erste Einblicke
00:04:53: in die auch auf tschechischer Seite immer mehr entstehenden Waldwildnis gewährt.
00:04:58: An der nächsten Abzweigung biegen wir dann links ab.
00:05:02: Was sofort auffällt auf der tschechischen Seite des Böhmerwaldes sind die Straßen
00:05:09: oder die Forstwege definitiv besser ausgebaut.
00:05:13: Hat, schätze ich mal ganz stark, mit der Grenzvergangenheit zu tun, oder?
00:05:18: Hier wurde Patrouille gefahren.
00:05:20: Genau, hier sind die Grenzsoldaten immer gefahren und diese Wege sind hier geblieben.
00:05:26: Hier gehen wir jetzt noch auf einem Schotterweg aber oft sind sie asphaltiert, sodass für
00:05:31: Fußgänger das nicht so viel Spaß macht, aber sehr beliebt bei Fahrradfahrern ist.
00:05:37: Weil einfach die Steigungen hier nicht wirklich steil sind und wir sind hier schon am Rande
00:05:46: dieses Hochplatons wo man sich wirklich nicht super anstrengen muss um weiter zu kommen
00:05:51: mit dem Fahrrad.
00:05:52: Man spricht halt eben auch vom „Böhmischen Massiv“ das eben an der Donauebene, so ganz
00:05:58: grob gesagt, dann steil abfällt und der Bayerische Wald auch aufhört.
00:06:02: Nach diesem kurzen Ausflug in das Reich der Geologie haben wir eines der Nationalheiligtümer
00:06:07: der Tschechen schon erreicht, die Quelle der Moldau.
00:06:10: Ja tatsächlich, eher ein Brunnen als eine Quelle.
00:06:14: Man sieht hier tatsächlich einige, ich nenne es jetzt spaßeshalber „Euronen“, weil
00:06:19: es liegen sowohl Euros da in diesem Brunnen als auch Kronen.
00:06:24: Genauso sieht es aus.
00:06:25: Es sieht wie ein Brunnen aus.
00:06:28: Es ist künstlich angelegt, das Wasser wird von den tatsächlichen Quellen, die hier in
00:06:33: dem Hang verstreut sind hingeführt.
00:06:37: Warum hat die Moldau für euch so eine große Bedeutung?
00:06:40: Warum ist das hier so ein Pilgerort für euch?
00:06:42: Es ist der längste Fluss Tschechiens und fließt auch durch Prag, die Hauptstadt Tschechiens.
00:06:49: Der Bedrich Smetana hat sogar eine Symphonie darüber geschrieben und so also es ist ein
00:06:55: genauso schöner Fluss, würde ich sagen, wie die Elbe.
00:06:58: Aber die Elbe fließt ja dann weiter nach Deutschland, die bleibt nicht nur in Tschechien.
00:07:03: Deswegen, die Moldau gehört nur uns.
00:07:06: Aber in Tschechien drüben sagt man ja tatsächlich, in Hamburg mündet nicht die Elbe sondern
00:07:12: die Moldau.
00:07:13: Ja, weil wenn man diese Regel anwendet, dass man den Fluss immer nach dem längeren Fluss
00:07:17: benennt, dann müsste die Elbe eigentlich Vltava heißen, also Moldau.
00:07:23: Aber das ist halt nicht der Fall.
00:07:25: Ok. Interessant auch der Aspekt, es gibt ja zwei Moldau-Quellen, die warme und die kalte.
00:07:33: Das ist jetzt die Quelle für die Warme Moldau, wobei hier wird das eigentlich noch Schwarzbach
00:07:40: genannt und dann erst später warme Moldau und in Deutschland, bei Haidmühle, entspringt
00:07:47: dann noch die kalte Moldau und erst wenn die zwei Flüsse, die kalte und die warme Moldau
00:07:52: zusammenfließen heißt das dann nur Moldau, Vltava wie wir auf Tschechisch das nennen.
00:07:57: Der Ursprung des Namens stammt übrigens noch aus dem germanischen “Wilth-ahwa”, was
00:08:03: so viel wie „wildes Wasser“ bedeutet.
00:08:06: Erst nach rund 56 Kilometer vereint sich die Warme Moldau, die hier unterhalb des Schwarzbergs
00:08:11: entspring mit der Kalten zum großen Nationalstrom der Tschechen.
00:08:17: 430 Kilometer schlängelt sie sich durch das Land bevor die Moldau bei Mělník schließlich
00:08:22: in die Elbe mündet und dort auch ihren Namen verliert.
00:08:26: Pavel Becka und ich haben uns inzwischen auf den Weg nach Bucina, rund 4 Kilometer Weg
00:08:33: haben wir bis dorthin vor uns.
00:08:34: Ich habe es ja am Gipfel vorhin schon angedeutet, dass du ein ganz besonderer Mitarbeiter bei
00:08:39: uns im Nationalpark bist, weil du bist ja quasi für beide Häuser zuständig, also
00:08:46: für die bayerische Seite und für den Sumava.
00:08:49: Was ist jetzt da genau deine Aufgabe oder warum arbeitest du für beide Parke?
00:08:54: Also ich arbeite für beide Parke weil ich die Zusammenarbeit beider Parke koordinieren
00:09:00: soll.
00:09:01: Und dann war es naheliegend, dass man eine Person in beiden Parken beschäftigt und diese
00:09:08: Funktion habe ich jetzt seit 2015 also eigentlich schon relativ lange.
00:09:13: Und ich muss halt alles machen, von Dolmetschen, Übersetzen, wenn meine Kollegen Projekte
00:09:22: zusammen machen, dann bin ich immer dabei um die sprachliche Barriere, wenn da jetzt
00:09:27: eine sein sollte, zu überwinden aber auch ein bisschen Input zu geben zu den Besonderheiten
00:09:34: der einzelnen Verwaltungen.
00:09:35: Weil nicht immer liegt das Problem darin, dass man sich nicht versteht, sondern, dass
00:09:39: man nicht versteht worin das Problem liegt.
00:09:41: (lachen) Und ähnliche Sachen.
00:09:44: Diese enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Parken war ja früher nicht immer der Fall
00:09:51: oder war jetzt unbedingt so selbstverständlich.
00:09:52: Genau, das war nicht immer selbstverständlich, weil die politische Situation war unterschiedlich.
00:09:58: Ich mein jetzt nicht die politische Situation in ganz Tschechien, sondern das was den Naturschutz
00:10:02: betrifft oder nur den Nationalpark Sumava.
00:10:05: Und so gab es dann Zeiten wo die beiden Nationalparke besser zusammengearbeitet haben, dann schlechter
00:10:11: und das hat sich dann mit Pavel Hubeny und natürlich auch mit dem damals neuen Umweltminister
00:10:18: geändert.
00:10:19: Und man kann sagen, dass die beiden Nationalparke noch nie so gut zusammengearbeitet haben wie
00:10:25: in den letzten jetzt schon neun Jahren.
00:10:28: Es macht ja auch grundsätzlich Sinn.
00:10:31: Der Natur ist es ja (lacht) völlig Wurscht ob da eine Staatsgrenze irgendwie durch sie
00:10:39: hindurch verläuft und das ist ja das Schöne eigentlich.
00:10:41: Es ist ein Naturraum und das sieht man ja auch deutlich.
00:10:43: Genau.
00:10:44: Das ist ein Naturraum und das ist der große Vorteil hier für die Natur, dass wir auf
00:10:51: beiden Seiten einen Nationalpark haben und, dass dadurch viel mehr Platz für die geschützten
00:10:59: Arten ist.
00:11:00: Weil viele unserer Tierarten die brauchen viel Platz und nur ein Nationalpark würde
00:11:06: da nicht genug Platz geben können.
00:11:10: Und ich meine, auch für einige Tierarten, die beiden Nationalparke sind eigentlich nicht
00:11:17: genug, nicht groß genug.
00:11:18: Deswegen ist es gut, dass es hier auch noch den Naturpark und das Landschaftsschutzgebiet
00:11:22: gibt auf der tschechischen und auf der deutschen Seite.
00:11:25: Dass man insgesamt hier so für mitteleuropäische Verhältnisse eine sehr große Fläche hat,
00:11:33: die einfach, zwar mit unterschiedlichen Schutzgebieten mit unterschiedlichen strengen Regeln, geschützt
00:11:40: wird.
00:11:41: Man muss ja auch sagen, das Schutzgebiet auf tschechischer Seite ist ja tatsächlich um
00:11:47: einiges größer als der Nationalpark Bayerischer Wald.
00:11:51: Genau, der Nationalpark Bayerischer Wald, jetzt nach der zweiten Erweiterung, ist 25.000
00:11:56: Hektar, der Nationalpark Sumava ist 68.000 Hektar und hat noch um sich herum das Landschaftsschutzgebiet
00:12:05: was weitere 100.000 Hektar groß ist.
00:12:08: Du hast schon gesagt, die Zusammenarbeit der beiden Nationalparke ist zum Glück mittlerweile
00:12:14: sehr eng.
00:12:15: Wo sind dann so die typischen Anknüpfungspunkte, wo arbeitet man konkret beidseits der Grenze
00:12:22: schon zusammen?
00:12:23: Wie sieht das aus?
00:12:24: Bei kleinen Sachen fängt das an, so wie ein gemeinsamer Kalender den die beiden Verwaltungen
00:12:29: schon seit acht Jahren zusammen machen.
00:12:32: Ja aber, es geht bis zu großen Projekten, wo wir dann Drittgelder bekommen von Interreg
00:12:39: hauptsächlich, wo es dann um die ganz große Forschung geht oder den Umbau der Infostellen
00:12:48: oder Besucherzentren.
00:12:50: Oder, ja auch ganz ein berühmtes Beispiel, das Auerhuhn Monitoring.
00:12:56: Also wir zählen die Auerhühner und erforschen sie dann mittlerweile auch gemeinsam, gell?
00:13:02: Genau, das haben wir jetzt im letzten Winter gemacht und da haben wir, zum Beispiel, nicht
00:13:08: aus einem gemeinsamen Interreg-Projekt bezahlt, sondern beide Verwaltungen haben Gelder jeweils
00:13:14: auf der eigenen Seite gesucht und gefunden.
00:13:16: Aber das Monitoring an sich wurde gemeinsam gemacht.
00:13:19: Wie so vieles andere inzwischen eben auch.
00:13:22: Pavel Becka ist als Bindeglied der grenzübergreifenden Zusammenarbeit meist mitten drin.
00:13:29: Den Ort Buchwald, oder auf Tschechisch Bucina, haben wir nach rund einer Dreiviertelstunde
00:13:34: erreicht.
00:13:35: Im 18. Jahrhundert wahrscheinlich als Holzhauer-Siedlung gegründet, lebten hier einst Deutsche und
00:13:41: Tschechen friedlich zusammen.
00:13:43: Nach dem zweiten Weltkrieg und mit der Errichtung des Eisernen Vorhangs wurde das Gebiet entlang
00:13:48: der Grenze dann zur militärischen Sperrzone und die meisten Gebäude verfielen oder wurden
00:13:54: abgerissen.
00:13:55: Heute sind nur noch eine kleine Kapelle und ein Hotel erhalten.
00:14:00: Die einst besiedelten oder auch landwirtschaftlich genutzten Flächen sind ebenfalls noch gut
00:14:05: erkennbar und werden heute auch teilweise wieder bewirtschaftet.
00:14:09: Genau, das ist einer der weiteren Unterschiede zwischen den zwei Nationalparken, dass im
00:14:16: Nationalpark Sumava diese ehemaligen Wiesen und Weiden sind und auch Felder und die versucht
00:14:22: man jetzt extensiv zu bewirtschaften.
00:14:25: Diese Flächen werden an Bauern verpachtet und sie müssen unter den Auflagen die die
00:14:32: Nationalparkverwaltung dann macht sie so pflegen, dass man das extensiv macht.
00:14:37: Also nur eine bestimmte Anzahl an Tieren, die meisten Flächen dürfen nicht gedüngt
00:14:41: werden.
00:14:44: Sie dürfen zum Beispiel erst nach einem bestimmten Datum gemäht werden, wenn da jetzt irgendwelche
00:14:50: bodennistende Vögel sind.
00:14:52: Wenn man hier nichts machen würde, würde der Wald sich das wieder zurückholen.
00:14:56: Aber es ist schon ein bisschen ein Unterschied zu dem was man im Nationalpark Bayerischer
00:15:01: Wald hat, die Schachten, die eigentlich von der Waldweide da zurückgeblieben sind.
00:15:07: Hier waren das wirklich, in der Zeit wo die Menschen hier gelebt haben, damals war das
00:15:13: wirklich intensiver genutzt.
00:15:15: Es gab hier viel weniger Bäume als jetzt, also der Wald hat sich schon einen großen
00:15:21: Teil zurückgenommen.
00:15:22: Hier sieht man ja auch noch warum sich der Wald wieder so viel zurückholen konnte.
00:15:31: Über viele Jahrzehnte waren die Menschen voneinander getrennt durch den Eisernen Vorhang
00:15:35: und hier sieht man ja hinter uns, Pavel, jetzt grad auch tatsächlich noch ein beeindruckendes
00:15:41: Beispiel dafür, wie das Ganze hier tatsächlich mal ausgesehen hat.
00:15:46: Genau, wobei hier das ist nur ein Modell.
00:15:49: Also es ist nicht so, dass man das hier erhalten hat, sondern das hat dann der Hotelbesitzer
00:15:55: hier nachbauen lassen.
00:15:57: Aber so sah das aus.
00:15:59: Genauso wie man das von der innerdeutschen Grenze kennt.
00:16:01: Die deutschsprachige Bevölkerung damals aus der Tschechoslowakei wurde so als Kollektivstrafe
00:16:08: für den zweiten Weltkrieg vertrieben.
00:16:10: Nach dem Kommunistischen Putsch wurden dann die restlichen Bewohner von hier vertrieben
00:16:17: und so sind hier ganz viele Dörfer und Siedlungen verschwunden.
00:16:20: Und deswegen darf sich das die Natur dann zurückholen oder durfte die Natur sich dann
00:16:25: zurückholen und deswegen hat man hier auch einen so großen Nationalpark machen können.
00:16:29: Das ist das Rätsels Lösung warum Sumava dreimal so groß ist als der Nationalpark
00:16:34: auf deutscher Seite und man sieht hier auch tatsächlich noch Reste von alten Häusern
00:16:39: die hier mal gestanden sind und hier wurde ja, als der Eiserne Vorhang hochgezogen wurde,
00:16:45: wurden ja wirklich auch manche Dörfer regelrecht platt gemacht.
00:16:50: Ja, wir sind hier in einem Dorf Buchwald, Bucina.
00:16:53: Ein paar Kilometer weiter war Fürstenhut.
00:16:56: Also hier lebten hunderte, vielleicht sogar über tausend Menschen, von den sieht man
00:17:02: hier höchstens noch ein paar kleine Kreuzchen oder die Grundmauern die von den alten Häusern.
00:17:09: Vor dem zweiten Weltkrieg war das hier durchgängig, die Leute durften sich besuchen.
00:17:14: Das einzige was, wenn man über die Grenze fuhr dann musste man Zoll bezahlen also es
00:17:20: gab hier auch ein paar Schmuggler die das dann nicht gemacht haben aber die beiden Regionen
00:17:25: waren in Kontakt.
00:17:26: Das hat sich dann erst später, im 20. Jahrhundert, dann so ergeben, dass daraus der Eiserne Vorhang
00:17:34: geworden ist.
00:17:35: Der ja für die Menschen ein tiefer Einschnitt war aber eben für die Natur im Endeffekt
00:17:39: ein riesen Glück.
00:17:40: Das man heute eindrücklich ja auf tschechischer Seite bestaunen kann, im Sumava Nationalpark.
00:17:47: Ohne diese Geschichte gäbe es glaub ich auf der tschechischen Seite keinen Nationalpark
00:17:53: und damit keinen Luchs und Auerhuhn wäre bestimmt schon verschwunden.
00:17:57: Für die Natur war das wirklich ein Glücksfall aber also aus schlechten Gründen sozusagen.
00:18:04: Wir können sehr, sehr froh sein, dass wir mittlerweile einfach in ganz anderen Zeiten
00:18:10: leben und hier die Menschen und die Region auch wieder zusammenwächst, aber wie die
00:18:16: Natur braucht das halt auch seine Zeit, glaub ich.
00:18:19: Und wir, an dem Modell des Eisernen Vorhangs kann man ganz schön sehen, gleich daneben
00:18:24: steht eigentlich das Info-Pavillon der beiden Nationalparkverwaltungen.
00:18:29: Eigentlich das erste gemeinsame Projekt oder eines der ersten gemeinsamen Projekte.
00:18:34: Und ich bin froh, dass jetzt auch die beiden Nationalparke zusammenarbeiten und, dass sie
00:18:41: eigentlich viel dazu beitragen, dass die beiden Regionen, die aufgeteilt waren, wieder mehr
00:18:48: zusammenwachsen.
00:18:50: Was für eine spannende Tour bislang vom Siebensteinkopf über die Moldauquelle nach Bucina.
00:18:59: Über die Buchwaldstraße geht es für mich jetzt auch wieder über die Staatsgrenze zurück.
00:19:05: Tatsächlich sind es nur wenige hundert Meter, bis zum Parkplatz Teufelshänge.
00:19:10: Hier will ich noch einen Abstecher machen, hinein in das neuste Erweiterungsgebiet des
00:19:15: Nationalparks Bayerischer Wald: Vorbei an der Teufelsbachklause, durchs Finsterauer
00:19:20: Filz zum Wistlberg.
00:19:21: Und da begleitet mich, passend dazu, die neue Leiterin der Nationalparkverwaltung, Ursula
00:19:27: Schuster.
00:19:28: Also ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber wenn ich an der Grenze herhinten stehe irgendwie,
00:19:33: ist das immer so eine, ja Ehrfurcht, man kann sich das selber gar nicht mehr vorstellen,
00:19:37: dass hier wirklich vor ein paar Jahrzehnten noch harte Grenze, Eiserner Vorhang war und
00:19:42: jetzt ist alles offen, ist doch traumhaft.
00:19:46: Es ist absolut ein Traum, ja.
00:19:47: Aber ich kann mich schon noch ganz genau daran erinnern, an die Zeit als hier noch Grenze
00:19:51: war, auch hier im Nationalpark oder überhaupt auch im Bayerwald.
00:19:53: Weil wir auch mit meinen Eltern oft beim Wandern herinnen waren und das war schon auch immer
00:19:56: so ein bisschen gruselig auf der anderen Seite auch gell.
00:19:58: Also kaum hat man sich getraut den Arm rauszustrecken irgendwie.
00:20:02: Und ja, das war einfach keine schöne Zeit, man hat niemanden gekannt da drüben, man
00:20:07: hat die Geschichte natürlich auch nicht so richtig gekannt.
00:20:09: Man hat natürlich als Kind auch nicht so richtig gewusst warum und wieso tatsächlich.
00:20:13: Und von daher ist natürlich heutzutage ein wahnsinns Erlebnis zu sehen wie das alles
00:20:18: rüber und rüber geht.
00:20:19: Nicht nur schön zu sehen wie die Kulturen und auch die Menschen wieder zusammenwachsen
00:20:22: dürfen, sondern, man muss natürlich in unserem Fall sagen, es ist vor Allen Dingen toll,
00:20:27: wenn jetzt auch dieser Naturraum wieder zusammenwachsen darf, mit Sumava.
00:20:31: Sowieso, das ist absolut genial.
00:20:33: Ich sag immer, unser Nationalpark ist wunderbar und es ist ein ganz, ein ganz tolles Gebiet,
00:20:37: aber es ist auch nur deshalb so viel Wert weil wir auf der anderen Seite der Grenze
00:20:41: nochmal ein Gebiet haben das dreimal so groß ist wie unser Nationalpark.
00:20:44: Und das zusammengenommen ist wirklich das grüne Herz Europas und das ist wirklich ein
00:20:47: ganz großer Schatz, den wir hier gemeinsam hüten müssen, gemeinsam auch mit der tschechischen
00:20:51: Nationalparkverwaltung zusammen.
00:20:53: Das ist unglaublich toll auch, dass wir auch so schön zusammenarbeiten, diese beiden Nationalparkverwaltungen
00:20:57: hier.
00:20:58: Uns einfach auf einen guten Weg gemacht haben die letzten Jahre hinweg und das ist auch
00:21:01: mir ganz besonders wichtig, dass wir da ansetzen und da weitermachen.
00:21:04: Das ist toll und wir gehen jetzt auch in ein ganz besonders Gebiet rein, über die sogenannten
00:21:09: Teufelshänge bergab durch, man hört es, es ist mehr Schnee gefallen mittlerweile,
00:21:14: schön!
00:21:15: Ich bin sehr, sehr froh, dass es heuer mal so früh so einen tollen Wintereinbruch gegeben
00:21:21: hat, auch wenn er natürlich erst mal ein bisschen unangenehm war, für die die einfach,
00:21:25: ich sag jetzt mal auf Auto ja Verkehr angewiesen sind, aber trotzdem, wenn der Schnee mal liegt
00:21:30: und die Straßen wieder frei sind, ist es einfach ein Traum.
00:21:32: Ich habe schon gesagt, wir gehen jetzt in ein wunderbares Gebiet rein, in ein ganz interessantes,
00:21:36: spannendes Gebiet.
00:21:37: Das jüngste Erweiterungsgebiet im Nationalpark Bayerischer Wald.
00:21:41: Wir haben es in der Serie schon angesprochen, es hat die erste Erweiterung 1997 gegeben
00:21:47: und dann gab es ja das große Geburtstagsgeschenk zum Fünfzigsten, das Erweiterungsgebiet hier
00:21:53: in Finsterau.
00:21:54: Was zeichnet das Gebiet hier eigentlich aus?
00:21:57: Um was genau wurde der Nationalpark eigentlich erweitert?
00:21:59: Also der Nationalpark wurde um ein weiteres Kleinod erweitert, knappe 700 Hektar, die
00:22:05: wirklich hier von Naturschutzfachlich hochwertigem Wert sind.
00:22:07: Wir haben hier zum Beispiel ein Hochmoor integrieren können, das Finsterauer Filz, aber auch Arten-
00:22:12: und Lebensräume insgesamt.
00:22:13: Wir haben hier tolle Populationen insbesondere des Haselhuhns.
00:22:16: Also ich glaub das ist eine der besten Populationsstärken hier des Haselhuhns in unserer Region.
00:22:21: Ist immer so eine ganz, ich sag mal, unscheinbare Art, man redet immer vom Auerwild und natürlich
00:22:27: auch total wichtig, aber halt etwas attraktiver, etwas besser sichtbar.
00:22:31: Auch das Haselwild, ist einfach ein ganz, ein ganz ein hübsches Raufußhuhn, sehr,
00:22:35: sehr versteckt lebend und eben auch unheimlich schutzbedürftig und deshalb sind wir froh,
00:22:38: dass wir das hier in unserem Nationalpark haben und schützen und behüten dürfen.
00:22:42: Ja, da sind wir froh, dass wir diese Art durch das Erweiterungsgebiet oder das neue Stück
00:22:47: Nationalpark ja auch mit integrieren können und besser schützen.
00:22:50: Weil um das geht es ja eigentlich.
00:22:53: Um das geht’s, genau.
00:22:54: Das ist eigentlich der Kern unserer Aufgabe hier, gell.
00:22:56: Auch wenn wir noch viele, viele andere Aufgaben auch noch haben in einem Nationalpark Umweltbildung,
00:22:59: Forschung natürlich, auch ganz klar.
00:23:01: Aber es geht, freilich, um die Arten- und Lebensräume, es geht um diesen Schutzzweck
00:23:05: den wir haben hier im Nationalpark und das müssen wir einfach bewahren.
00:23:08: Und das hat sich natürlich auch die neue Leiterin des Nationalparks Bayerischer Wald
00:23:12: ganz klar auf die Fahnen geschrieben: Das berühmte Motto „Natur Natur sein lassen“
00:23:17: gilt natürlich auch im jüngsten Erweiterungsgebiet, hier in Finsterau.
00:23:21: Inzwischen sind wir schon an der Teufelsbachklause vorbei entlang des Schwemmkanals unterwegs:
00:23:28: Frau Schuster, es war ja noch kein Geschenk an sie, sie sind ja erst seit August 2023
00:23:35: in Diensten des Nationalparks, in Diensten des Naturschutzes als neue Leiterin des Nationalparks
00:23:41: Bayerischer Wald.
00:23:42: Im Endeffekt hat die ganze Erweiterungsgeschichte noch ihr Vorgänger gemacht, aber sie haben
00:23:46: natürlich auch schon viel, viel mitbekommen.
00:23:49: Im Vergleich zu 1997 muss man schon einfach ganz klar auch nochmal festhalten, es war
00:23:54: eigentlich kein vergleichbarer Prozess, wie es damals war.
00:23:57: Alleine schon die Zusammenarbeit mit der Kommune, es gab kaum Widerstände muss man auch sagen.
00:24:03: Das war schon einmalig.
00:24:04: Das war auf alle Fälle einmalig und das ist auch wirklich ganz klasse gelaufen zwischen
00:24:08: der Nationalparkverwaltung, zwischen dem Herrn Dr. Leibl und jetzt auch der Gemeinde, dem
00:24:11: Herrn Kandlbinder, die haben das hier einfach, sag ich mal, geschickt eingefädelt, wie man
00:24:15: so schön sagt und die Leute einfach von Anfang an mitgenommen und das ist glaub ich einfach
00:24:19: das A. und O.
00:24:20: Das A. und O. das man beachten muss, wenn man es mit Nationalparken insgesamt zu tun
00:24:24: hat, jetzt auch von der Verwaltungsseite her, dass man immer diesen Gesprächsfaden aufrechterhält,
00:24:29: dass man immer auf Augenhöhe kommuniziert, dass man vertrauensvoll miteinander umgeht,
00:24:33: sich auch gegenseitig informiert, wenn bestimmte Dinge anstehen, wenn einmal Ärger oder Frust
00:24:37: da ist, auf beiden Seiten.
00:24:38: Und reden miteinander, das ist einfach das A. und O.
00:24:41: Also wer einfach miteinander redet, der redet nicht übereinander.
00:24:44: Dieser Satz, ein bisschen abgedroschen vielleicht schon, aber der hat einfach sehr, sehr viel
00:24:46: Wahres.
00:24:47: Und diesen Weg haben Sie ja auch schon quasi weiter ausgetreten, gerade im alten Erweiterungsgebiet.
00:24:54: Da haben sie ja auch gleich von Anfang an den Dialog zu den Bürgern gesucht, gerade
00:24:58: wenn es um die aktuelle Borkenkäfersituation dort geht.
00:25:00: Da reden Sie ja auch sehr viel momentan.
00:25:02: Ganz wichtig.
00:25:03: Das ist mir einfach ein großes Anliegen, dass man da transparent einfach auf die Leute
00:25:07: zugeht und erklärt was man da oben mach, erklärt auch was da mit der Waldentwicklung
00:25:11: im Moment passiert, was der Borkenkäfer dort anstellt, sag ich jetzt mal.
00:25:15: Was aber dann auch Wunderbares daraus entstehen kann und man merkt einfach ganz klar, dass
00:25:19: die Leute da wirklich wissbegierig sind, dass sie neugierig sind, dass die das aber auch
00:25:22: aufnehmen und annehmen und natürlich auch mal kritische Wort dann auch kommen.
00:25:26: Das ist aber auch ganz, das muss man auch aushalten als Nationalparkchefin als Nationalparkverwaltung.
00:25:28: Aber wenn man, wie gesagt, einfach im Gespräch bleibt, dann glaub ich hat man einfach eine
00:25:33: Basis wo man drauf aufbauen kann.
00:25:34: Trotzdem war es ja für uns oder zumindest für Nationalparkaffine Einheimische vielleicht
00:25:42: auch doch durchaus erstaunlich, dass es nach diesen großen Käferwellen in den 90ern,
00:25:48: jetzt in der heutigen Zeit und der tollen Waldentwicklung die wir ja zum Beispiel rund
00:25:51: um den Rachel, rund um den Lusen ja aktuell schon sieht, war es doch erstaunlich, dass
00:25:55: diese Diskussion tatsächlich wieder sehr ähnlich geworden ist oder aufgekommen ist
00:26:00: am Falkenstein.
00:26:01: Woran liegt das?
00:26:02: Also ich glaube, dass man da einfach differenzieren muss.
00:26:04: Es ist für jeden dessen Lebensumfeld, dessen direktes Lebensumfeld sich einfach in kürzester
00:26:10: Zeit ändert und da sprechen wir von ein, zwei Jahren wo so eine Borkenkäferkalamität
00:26:13: drüber geht und sich das Waldbild einfach komplett von unten nach oben kehrt, für den
00:26:17: ist das erst einmal ein Schock und für den ist es erst einmal schwierig zu verdauen.
00:26:21: Der muss das erst einmal verstehen und kapieren was sich da ereignet und der muss ein Stück
00:26:24: weit auch erst mal Trauerarbeit leisten.
00:26:26: Ich geh auch ganz ehrlich lieber durch einen grünen Fichtenwald als durch einen grad aktuell
00:26:30: eben abgestorbenen.
00:26:32: Da muss man sich natürlich mit Tod mit Vergänglichkeit auseinandersetzen und das tut erst einmal
00:26:35: weh.
00:26:36: Deshalb glaub ich, dass man da auch immer wieder von vorne anfangen muss und man nicht
00:26:39: immer nur sagen kann, schauts doch bitte am Lusen, da ist es auch wieder so wunderbar
00:26:42: geworden.
00:26:43: Freilich machen wir das und erklären wir das und versuchen das zu erklären aber trotzdem
00:26:46: muss man die Leute ernst nehmen und aufnehmen und sagen, also freilich ist es jetzt hier
00:26:49: eine krasse Entwicklung die sich hier ergibt, aber das kommt aus diesen und jenen Gründen
00:26:54: eben heraus.
00:26:55: Da spielt natürlich auch der Klimawandel, da spielt der Wassermangel eine gewisse Rolle,
00:26:58: dass sich die Fichte auf kurz oder lang auch in den Mittelgebirgen einfach schwertun wird
00:27:02: und deshalb der Borkenkäfer leichtes Spiel hat.
00:27:04: Wenn man diese Argumentationsketten einfach erklärt, dann können die Leute schon ein
00:27:08: Stück weit mitgehen und da muss man unbedingt dranbleiben, das muss man immer wieder erneuern.
00:27:12: Die Menschen einladen sich anzusehen und anzuhören was die Natur für ein Potential bietet, für
00:27:19: bedrohte Arten genauso wie für uns Menschen.
00:27:23: Im Erweiterungsgebiet Finsterau spielt übrigens das Thema Naherholung und Sport eine besondere
00:27:29: Rolle.
00:27:30: Viele Wege hier werden im Winter auch zum Langlaufen genutzt, die Besuchern somit nochmal
00:27:34: einen etwas anderen Zugang zur Waldwildnis des Nationalparks ermöglichen.
00:27:39: Wir sind heute natürlich zu Fuß unterwegs, inzwischen auf dem Rundweg Baummarder, kurz
00:27:45: vor dem großen Highlight unseres Abschnittes.
00:27:47: Wir gehen in Richtung Finsterauer Filz hoch wo auch schon ein bisschen, ich würde jetzt
00:27:53: mal nicht sagen ihre Handschrift schon zu erkenn ist, aber auf jeden Fall auch ein Thema
00:27:57: das ihnen extrem stark am Herzen liegt, wenn es darum geht eben möglichst vielen Menschen
00:28:03: die Natur zu erklären unsere wilde Waldwildnis zu erklären, zu zeigen und ihnen vor allen
00:28:08: Dingen Zugang dazu zu verschaffen.
00:28:12: Das wurde ja hier im Finsterauer Filz wirklich schon wunderbar umgesetzt.
00:28:17: Unbedingt.
00:28:18: Also es ist mir ein ganz großes Anliegen, dass man jetzt hier zum Beispiel im Finsterauer
00:28:21: Filz mit diesem barrierefreien Steg der es jetzt auch wirklich ermöglicht, dass Menschen
00:28:26: mit Einschränkungen, Menschen die einen Kinderwagen mitführen oder auch mal mit einem Rollator
00:28:30: oder Rollstuhl unterwegs sind oder nicht mehr so gut zu Fuß sind, dass die einfach auch
00:28:34: unsere wunderbare Waldwildnis erleben können.
00:28:36: Und da muss man an geeigneten Stellen einfach hier dafür Sorge tragen, auch als Nationalparkverwaltung,
00:28:41: dass man auch diesen Menschen die Möglichkeit bietet hier die Natur zu erleben wie sie sich
00:28:45: bei uns hier im Nationalpark entwickelt und deshalb ist mir das einfach total wichtig
00:28:48: und deshalb wollen wir da auch diesen Weg weitergehen und weiter beschreiten und auch
00:28:52: weitere barrierefreie Angebote ausbauen.
00:28:54: Wir stehen jetzt hier am Einstieg zum Finsterauer Filz, man sieht schon die Birken, man sieht
00:29:00: schon diese Moorlandschaft.
00:29:01: Wie wurde das Thema Barrierearmut genau umgesetzt?
00:29:04: Also hier haben wir einen Steg angelegt, selber mit eigenen Leuten aus der Nationalparkverwaltung,
00:29:09: da bin ich immer ganz erstaunt und ganz begeistert was wir alles selber hier wirklich schaffen
00:29:15: können und es ist ein Steg der barrierefrei, wie gesagt, einfach mit Rollstuhl oder Kinderwagen
00:29:20: wunderbar zu befahren ist, mit zwei Aussichtsplattformen, wo man einen ganz tollen Blick in den Filz
00:29:25: aber auch auf den Lusen hat.
00:29:26: Und jeder der einfach mal das Erlebnis eines Hochmoors auf sich wirken lassen möchte,
00:29:32: das einmal sehen möchte, dem sei auf alle Fälle hier dieser Steg ans Herz gelegt.
00:29:36: Und man sieht hier vor allen Dingen auch was tatsächlich durch menschlichen Einsatz auch
00:29:40: der Natur wieder zurückgegeben werden kann, weil wir stehen hier in einem renaturierten
00:29:45: Filz.
00:29:46: Es war ja lange Zeit hier auch der Mensch am Werk.
00:29:49: Genau, das war ja auch wie viele Moore, wie viele Filze hier im inneren Bayerischen Wald
00:29:54: ist auch dieses Finsterauer Filz natürlich entwässert worden um es der menschlichen
00:29:58: Nutzung zugänglich zu machen und zum Glück ist man aber jetzt in den letzten Jahren,
00:30:02: Jahrzehnten dazu übergegangen, dass man weiß, was für einen hohen Stellenwert einfach Moore
00:30:06: haben, nicht nur für den Klimaschutz im Übrigen, sondern natürlich auch für Arten und Lebensräume
00:30:11: insgesamt.
00:30:12: Und deshalb hat man hier schon vor Längerem ist man dazu übergegangen, dass man diese
00:30:15: Entwässerungskanäle, die man damals halt angelegt hatte um es zu entwässern, dass
00:30:19: man die wieder verschließt sodass sich hier das Wasser wieder sammeln kann und dann auch
00:30:23: sukzessive wieder das Hochmoorwachstum in gang kommt.
00:30:25: Und man muss auch nochmal ganz kurz darauf hinweisen was für ein genialer Lebensraum
00:30:29: das auch hier ist.
00:30:30: Ganz klar.
00:30:31: Also Hochmoore sind eine der ja, spezialisiertesten Lebensräume insgesamt bei uns hier in Mitteleuropa,
00:30:37: mit absoluten Spezialisten an Tieren und an Pflanzen, Beispielsweise der Sonnentau.
00:30:42: Der sogar noch Insekten fressen muss weil das Lebensumfeld hier für ihn so Nährstoffarm
00:30:49: ist, dass er sogar aus den Insekten hier noch, insbesondere, Phosphor sich holen muss weil
00:30:53: das einfach nicht vorhanden ist in dem Wasser das in dem Moor drinnen ist oder an den Pflanzen.
00:30:58: Oder aber, es gibt den Hochmoorgelbling, beispielsweise.
00:31:01: Ein wirklich mittlerweile sehr seltener Schmetterling bei uns der die Rauschbeere braucht um dort
00:31:06: die Eier abzulegen.
00:31:07: Die Raupen ernähren sich dann eben von den Blättern der Rauschbeere.
00:31:11: Das sind einfach ganz hochspezialisierte Arten, die einfach nur in einem Moor, in einem Hochmoor
00:31:15: leben können und wenn wir das nicht hier erhalten und einfach wieder der Natur zurückgeben
00:31:20: und wieder vernässen, dann haben diese Arten einfach keine Überlebenschance mehr bei uns
00:31:25: hier.
00:31:26: Rund eine Dreiviertelstunde Wanderung durch den winterlichen Nationalpark liegen bereits
00:31:30: hinter Ursula Schuster und mir.
00:31:32: Nach der Durchquerung des renaturierten Hochmoors, dem Finsterauer Filz, nähern wir uns langsam
00:31:38: der Buchwaldstraße und gehen damit auf das letzte kurze Teilstück zu unserem Zielort,
00:31:44: dem Wistlberg.
00:31:46: Für mich die Gelegenheit auch meiner neuen Chefin ein wenig auf den Zahn zu fühlen,
00:31:51: wie es ihr denn geht, nach nun rund einem halben Jahr an der Spitze des ältesten und
00:31:56: größten Waldnationalparks in Deutschland und einer Position die oft auch in der Öffentlichkeit
00:32:03: steht.
00:32:04: Mein Gott, gewöhnen glaub ich kann man sich schon so sukzessive an diese Rolle, würde
00:32:08: ich aber jetzt sagen, habe ich mich noch nicht daran gewöhnt, gell, weil es einfach noch
00:32:11: zu neu ist und weil einfach die Aufgaben insgesamt auch noch so vielfältig sind und das mich
00:32:15: jede Woche, tagtäglich noch neue Dinge erreichen.
00:32:20: Von daher, ist es immer noch spannend, superspannend und ich glaub das wird auch noch eine Weile
00:32:24: so bleiben.
00:32:25: Aber im Großen und Ganzen, sag ich mal, bin ich einfach total glücklich hier und bin
00:32:28: schön aufgenommen worden, gut aufgenommen worden und freu mich jeden Tag, dass ich in
00:32:31: die Arbeit gehe und ich glaub das ist so das.
00:32:33: Wenn man das immer noch sagen kann, gell und auch noch sehr lange sagen kann, und das weiß
00:32:37: ich, dass ich das noch sehr lange sagen werde, ist das einfach schon ganz klasse.
00:32:41: Ja, das Ankommen hier im Bayerischen Wald, es war ja mehr eigentlich für sie ja fast
00:32:45: ein Heimkommen.
00:32:46: Mmmh.
00:32:47: Wenn man es so sieht, ja.
00:32:48: Ein wenig eine Rückkehr, gell, in die Zeit meiner Kindheit.
00:32:52: Back to the roots.
00:32:53: Genau und auch zurück in den Wald.
00:32:55: Ich bin ja doch ein sehr, sag ich mal, waldgeprägter Mensch von Kindesbeinen an.
00:32:59: Weil mein Papa ja selber Förster war und ich ganz, ganz viel draußen mit ihm unterwegs
00:33:04: war.
00:33:05: Ich sag immer, ich bin in den ersten Waldkindergarten gegangen, damals gab es noch gar keine Waldkindergärten,
00:33:08: aber er hat mich oft mitgenommen statt in den Kindergarten abzugeben bin ich dann mit
00:33:12: ihm einfach in den Wald gegangen und er hat mir viele, viele Dinge erklärt und den Wald
00:33:16: erklärt und von daher hab ich da einfach schon eine emotionale Verbindung zum Wald.
00:33:20: So, jetzt gehen wir gerade die Buchwaldstraße.
00:33:22: Ha, und jetzt seh ich da vorne aber schon eine, ja, da läuft gerade eine größere
00:33:27: Baustelle von uns.
00:33:29: Wir gehen jetzt drauf zu, auf das neue Naturerlebnis Wistlberg.
00:33:33: Was verbirgt sich, Frau Schuster, hinter diesem Namen?
00:33:36: Hinter dem Naturerlebnis Wistlberg verbergen sich Einrichtungen, Nationalparkeinrichtungen,
00:33:42: die wir im Zuge der Nationalparkerweiterung hier herhinten in Finsterau der Gemeinde und
00:33:46: der Region, sozusagen, wieder zurückgeben.
00:33:48: Und wir haben hier in erster Linie ein Nationalparkcafe gebaut, das jetzt auch schon im Rohbau fertig
00:33:55: ist und auch sogar schon im Innenausbau ertüchtigt wird.
00:33:58: Das wird auch im Sommer eröffnet werden, ich hoffe, dass wir im August dann soweit
00:34:02: sind.
00:34:03: Wir haben dann auch noch einen umfangreichen Spielplatz außen rum angelegt, der ist jetzt
00:34:08: natürlich noch nicht da, sondern der wir 2024 in Angriff genommen.
00:34:11: Er werden Parkplätze natürlich auch noch gemacht hier aber, auch ganz wichtig, barrierefreie
00:34:16: Einrichtungen, dass der Bus hier beispielsweise auch Leute mitnehmen kann mit dem Rollstuhl
00:34:21: und dass die eben aussteigen können mit dem Rollstuhl an barrierefreien Bushaltestellen.
00:34:26: Weitere Parkmöglichkeiten werden auch auf der anderen Seite der Straße noch angelegt
00:34:30: und es wird noch ein Finsterauer-Steg, also ein Lusen-Steg angelegt.
00:34:33: Der quasi dann so eine Plattform ist, der dann insgesamt zehn Meter am Ende hoch sein
00:34:39: wird wo man einen wunderbaren Blick hat in die Nationalparknatur.
00:34:41: Und für Langläufer ganz wichtig zu sagen, dass jetzt seit kurzem jetzt auch der Parkplatz
00:34:47: am Wistlberg frei ist zum Parken für die Langläufer.
00:34:50: So ist es, über die Wintersaison wieder zu benutzen, einfach weil jetzt die Baustelle
00:34:55: natürlich ruht oder nur noch der Innenausbau gemacht wird und die Außenanlagen ja erst
00:34:58: im Frühjahr beginnen.
00:34:59: Und was wir hier auch noch für die Gemeinde errichtet haben ist eine barrierefreie Toilette
00:35:03: am Parkplatz unten am Skizentrum, die in Kürze auch der Gemeinde übergeben wir und dann
00:35:09: benutzbar ist.
00:35:10: Ich glaube, reinschauen können wir heute nicht aber wir sind, wir wollen ein bisschen
00:35:14: neugierig machen zumindest die Leute, wie es dann drinnen aussieht in diesem neuen Nationalparkcafe.
00:35:19: Ich glaube da sind schon alle sehr, sehr gespannt.
00:35:21: Sie waren ja schon drin.
00:35:22: Was waren so die ersten Eindrücke?
00:35:24: Die ersten Eindrücke waren einfach wohlig warm und angenehm, weil das Ganze ein Holzbau
00:35:28: ist und eben entsprechend Innen auch mit Holz ausgekleidet ist, mit Holzwänden, und das
00:35:33: ist einfach ein schönes Gefühl, wenn man in ein Gebäude reinkommt, in ein Haus.
00:35:35: Also ich finde das ganz angenehm und schön.
00:35:37: Und von außen ist es auch architektonisch jetzt sehr ansprechend, fügt sich meiner
00:35:42: Meinung nach gut in die Landschaft ein.
00:35:43: Ist jetzt zwar modern aber trotzdem jetzt nicht irgendwie aufgepfropft oder irgendwie
00:35:48: übertrieben.
00:35:49: Ja da kriegt man schon so ein wenig eine Ahnung wie der Außenbereich mal aussehen wird.
00:35:53: Genau.
00:35:54: Außenbereich mit Spielplatz natürlich.
00:35:55: Und großer Terrasse auch noch.
00:35:56: Mit großer Terrasse vorne, teilweise überdacht, also kann man auch bei schlechterem Wetter
00:36:01: oder bei starkem Sonnenschein dann auch wunderbar sitzen, die Kinder spielen außen rum.
00:36:05: Also ich glaube, das wird wirklich eine ganz angenehme Geschichte hier.
00:36:08: Ich glaub, da schmeckt der Kaffee dann doppelt so gut.
00:36:11: Kaffee im Nationalpark ist eh immer ein Traum!
00:36:14: (lacht) Wenn alles glatt läuft könnte das neue Nationalparkcafe
00:36:18: hier am Wistlberg in Finsterau tatsächlich schon diesen Sommer öffnen und ein weiterer
00:36:24: Grund sein warum die Menschen gerne hier ins neue Nationalparkerweiterungsgebiet kommen.
00:36:29: Unsere Tour vom Siebensteinkopf über die Moldauquelle, den Grenzübergang Bucina und
00:36:35: das Finsterauer Filz ist damit zu Ende.
00:36:39: Wenn Sie diese und viele weitere Touren gerne nachwandern möchten, schauen Sie am besten
00:36:44: mal in die Touren-Tipps auf der Nationalpark-Homepage.
00:36:46: Und ich darf euch jetzt ganz zum Schluss noch den Hinweis geben, dass es nach einer kleinen
00:36:51: Pause mit den WILDNIS G’SCHICHTN weitergehen wird und zwar in unserem Nachbarnationalpark
00:36:57: Sumava in Tschechien.
00:36:59: Seid und bleibt gespannt und bis bald, sagt die Julia.
Neuer Kommentar